Wir haben uns über die Jahre intensiv mit Espressomühlen beschäftigt. Doch selten war ein Testfeld so dicht und qualitativ so hochwertig wie dieses: Zehn Single Dosing (SD) Mühlen im gehobenen Heimbarista-Segment zwischen 500 und 1000 Euro. Wer heute in dieser Klasse einkauft, macht grundsätzlich nichts falsch. Das bedeutet für uns, dass die Kriterien feiner werden müssen. Wir sprechen nicht mehr darüber, ob die Mühle guten Espresso machen kann, sondern welche Art von Espresso sie am besten befeuert und wie reibungslos der Workflow im täglichen Einsatz gelingt.
In diesem Bericht fassen wir die Ergebnisse unserer monatelangen Tests zusammen und gehen ins Detail, was die Mühlen technisch und sensorisch voneinander trennt.
Der Artikel wird weiter ergänzt. Neben dem langen Video gibt es auch wieder eine Kurzversion des Tests sowie eine Englische Version.
Die getesteten Mühlen in Einzelblogbeiträgen
Timemore Sculptor 78s & 64s, Niche Zero, Niche Duo, DF64V, DF83, DF83V, Varia VS6, Eureka Mignon Single Dose Pro, Profitec Twist SD54
Das Testfeld und die Philosophie des Single Dosing
Das Testfeld erstreckt sich von der DF64V als günstigstem Einstieg (knapp über 500 Euro) bis zur Timemore Sculptor 78S, die mit rund 900 Euro die teuerste Mühle in dieser Runde darstellt.
Die mechanische Vielfalt ist beeindruckend und prägt die Spezialisierung der jeweiligen Mühle. Wir sehen 54-mm-Flachmahlscheiben bei der Profitec Twist SD54, die gängigen 64-mm-Scheiben bei der Eureka Single Dose Pro, der Timemore 64S und der DF64V. Die DF83, die DF83 V und die Niche Duo treten mit mächtigen 83-mm-Mahlscheiben an. Die Niche Zero nimmt eine Sonderstellung ein, da sie die einzige Mühle in diesem Vergleich ist, die auf ein konisches Mahlwerk setzt.
Allen gemein ist das Single-Dosing-Prinzip: Es wird nur die benötigte Menge Kaffee abgewogen, in den Einfülltrichter gegeben und vollständig gemahlen. Der elementare Vorteil liegt darin, dass kein Kaffee im Bohnenbehälter altert und wir ohne großen Aufwand zwischen verschiedenen Kaffeesorten oder Mahlgraden wechseln können.
Die zentrale Herausforderung: Spezialisierung statt nur Grundqualität
Die hohe Qualität der Mühlen führt zu einer erweiterten Betrachtungsweise. In der Vergangenheit konzentrierten sich Tests primär auf die individuellen Mühlen, die Mahlgrad-Konstanz und die absolute Reduktion des Totraums.
Im Vergleich der Mühlen fokussieren wir uns zusätzlich stark darauf, welche sensorische Spezialisierung die Single-Dosing Mühlen aufzeigen – liefert die Mühle eher Klarheit und Komplexität („Klarheitsextremist“) oder Körper und Süße („Körperbetonung“)? Oder gelingen Mühlen etwa alle Facetten eines Kaffees hervorzubringen?
Gleichzeitig wird der Workflow zum entscheidenden Qualitätsmerkmal. Wir stellen fest: Die beste Mahlqualität nützt nichts, wenn der Blower den Mahlgrad verstellt, der Dosing Cup das Mahlgut im Siebträger zerstört oder die Reinigung so kompliziert wird, dass der Home-Barista sie meidet.
Unsere gesamte Analyse zielt darauf ab, diese Nuancen herauszuarbeiten und zu zeigen, dass man im Segment zwischen 500 und 1000 Euro für einen reibungslosen Alltag und eine spezifische sensorische Ausrichtung zahlt.
Akustik und Geschwindigkeit: Der Faktor Zeit
Geschwindigkeit ist beim Single Dosing zu Hause sicherlich nicht das wichtigste Kriterium. Doch sie korreliert unmittelbar mit der Lautstärke und dem thermischen Verhalten der Mühle.
Die Extremisten: Tempo und Lärm
Das Testfeld zeigt krasse Unterschiede in der Leistungsfähigkeit. Die Spitzenreiter in Sachen Geschwindigkeit sind die beiden 83-mm-Mühlen: Die DF83 ist mit 35,6 Gramm in 10 Sekunden extrem schnell und benötigt für 18 Gramm lediglich 5,1 Sekunden. Die DF83 V toppt dies noch und schafft beeindruckende 66 Gramm in 10 Sekunden, wodurch 18 Gramm in nur 6,5 Sekunden durchgemahlen sind.
Diese Geschwindigkeit hat jedoch ihren Preis in der Akustik: Die DF83 V ist mit 91,6 dB die lauteste Mühle im Vergleich. Wir bezeichnen sie intern gerne als die „kleine Bazooka“. Immerhin: Die hohe Lautstärke muss man dank der extrem kurzen Mahldauer kaum lange ertragen.
Am anderen Ende des Spektrums finden wir die leisesten Mühlen: Die Niche Zero ist mit nur 72,9 dB flüsterleise. Auch die Timemore-Mühlen (74,9 dB und 76,7 dB) sowie die Varia VS6 (75,7 dB) bewegen sich in einem sehr angenehmen Bereich unter 80 dB.
Diese Mühlen erkaufen sich die geringe Lautstärke allerdings durch eine deutlich gemächlichere Geschwindigkeit. Die Niche Duo (10,8 g/10s), die Varia VS6 (11,5 g/10s) und die Timemore 64S (12,4 g/10s) gehören zu den langsamsten in der Runde und benötigen alle um die 20 Sekunden für 18 Gramm Mahlgut.
Der Zusammenhang zwischen Geschwindigkeit, Temperatur und Mahlgut
Ein Detail, das wir bei der Messung ermittelt haben, ist die Mahlguttemperatur nach mehreren Bezügen. Die DF83 V heizt sich mit durchschnittlich am stärksten auf. Dies ist zwar unkritisch für den Geschmack, aber dennoch spürbar. Die Profitec Twist SD54 hingegen liefert hier eine Überraschung: Sie erreicht die niedrigste Mahlguttemperatur und zeigt damit ein exzellentes thermisches Management.
Die geringere Geschwindigkeit der Niche- und Timemore-Modelle ist keineswegs ein Fehler, sondern eine gewollte Eigenschaft, die unmittelbar mit der Partikelverteilung zusammenhängt. Eine langsamere Mahlscheibengeschwindigkeit (RPM) kann zu einem schmaleren Hauptpeak im Mahlgut führen, was wiederum einen positiven Einfluss auf die sensorische Klarheit des Espressos hat.
Hier sehen wir also eine direkte Korrelation zwischen geringer mechanischer Leistung und höherer sensorischer Präzision. Wir können jedoch eines festhalten. Die Erwärmung aller Mühlen ist völlig unkritisch und in sehr geringem Bereich. Keine Auswirkung auf den Geschmack ist zu befürchten.
Table Title: Technische Kern-Performance im Vergleich
Mühle | Lautstärke (dB) | Geschwindigkeit / 10 Sek. (g) | Zeit / 18g (s) | Temperatur (Mahlgut, °C) |
---|---|---|---|---|
Timemore 78s | 74,9 | 21,6 | 14 | 30,8 |
DF 83 V | 91,6 | 66 | 6,5 | 34,58 |
Varia VS6 | 75,7 | 11,5 | 20 | 28,6 |
Timemore 64s | 76,7 | 12,4 | 20,5 | 31,3 |
Profitec Twist SD54 | 84,3 | 14,7 | 15 | 25,44 |
Niche Duo | 77,6 | 10,8 | 18 | 30,6 |
Eureka SD Pro | 81,1 | 28 | 11 | 32,38 |
DF 83 | 85,2 | 35,6 | 5,1 | 29,1 |
Niche Zero | 72,9 | 11,9 | 13,5 | 30,4 |
DF 64V | 81,6 | 19,2 | 12,5 | 32,4 |
Das A und O: Totraum (Retention) und Single Dosing Performance
Das wohl wichtigste technische Kriterium für eine Single Dosing Mühle ist der Totraum – also die Menge an Kaffeepulver, die in der Mühle zurückbleibt, anstatt im Siebträger zu landen. Warum so wichtig? Wer sich für eine Single Dosing Mühle entscheidet, erwartet, dass der Kaffee, der in die Mühle gegeben wird, auch zu 100 % wieder ausgemahlen wird.
Wir unterscheiden hier klar zwischen permanentem und temporärem Totraum.
Totraum: Die Trennung von permanent und temporär
Permanenter Totraum ist jener Kaffee, der sich in schwer zugänglichen Bereichen (z. B. an Schrauben, in Spalten der Mahlkammer) ablagert und sich nicht von Mahlung zu Mahlung austauscht. Dieser Kaffee altert, wird ranzig und kann den Geschmack zukünftiger Bezüge beeinträchtigen, wenn die Mühle nicht regelmäßig komplett zerlegt und gereinigt wird.
Die Single Dosing Performance (SDP), die wir als temporären Totraum bezeichnen, ist die täglich relevante Größe. Sie gibt an, wie viel Kaffee von der letzten Mahlung beim aktuellen Shot in die Tasse gelangt. Unser Ziel sind Werte unter 0,2 Gramm.
Die Champions der Null-Retention
In der Kategorie SDP liefern die Timemore Sculptor Modelle die besten Ergebnisse im gesamten Testfeld. Die 78S und die 64S erreichen beide einen temporären Totraum von nur 0,1 Gramm. Dieser Wert wird durch die vertikale Anordnung der Mahlscheiben, einen direkten Mahlpfad und einen cleveren Auswurfmechanismus erzielt, der einen separaten Blasebalg (Blower) überflüssig macht.
Die Niche Zero (0,2 g) und die DF64V (0,3 g) sind ebenfalls exzellent. Die Niche Zero schafft dies auf besonders unkomplizierte Weise: Das einfache Zuklappen des Deckels ist oft schon ausreichend, um die Retention auf diesem niedrigen Niveau zu halten.
Besonders kritisch wird es bei den Schlusslichtern. Die Eureka SD Pro liegt mit 0,7 Gramm temporärem Totraum am oberen Ende des Feldes. Dies ist zwar besser als bei vielen klassischen Mühlen, aber für eine dedizierte Single-Doserin nicht optimal.
Ein klarer Ausreißer ist die Varia VS6. Obwohl ihre Single Dosing Performance mit 0,35 Gramm noch sehr gut ist, fällt ihr permanenter Totraum mit 2,0 Gramm massiv ins Gewicht. Der absolute Totraum liegt bei 2,3 Gramm.
Aber Achtung: Wir haben bei der Varia VS6 nicht den Blower eingesetzt und sie somit quasi benachteiligt. Das hat aber einen Grund: Die Betätigung des Blasebalgs verstellt bei dieser Mühle regelmäßig den Mahlgrad. Dennoch bleibt festzuhalten, dass die Bauart der Varia-Mahlkammer die Ansammlung alten Kaffees fördert und die regelmäßigste und gründlichste Reinigung aller Mühlen im Vergleich verlangt.
Totraum als Symptom: Statik als Katalysator
Wir haben festgestellt, dass eine der Hauptursachen für erhöhten Totraum die elektrostatische Aufladung des Mahlguts ist. Hohe Statik führt dazu, dass Feinstpartikel und Kaffeestaub an den Innenwänden des Auswurfs kleben bleiben und sich nicht bewegen.
Die DF64V neigt ohne gezielte Maßnahmen zu einer massiven statischen Aufladung und ist ohne den Einsatz von Wasserspray (Ross Droplet Technique, RDT) bei vielen Kaffees kaum brauchbar. Nur durch konsequentes Arbeiten mit Blower und RDT erreicht sie ihren guten SDP-Wert von 0,3 Gramm.
Im Gegensatz dazu weisen Mühlen wie die Timemore-Modelle oder die Eureka SD Pro von Natur aus eine geringere statische Ladung auf. Dies trägt maßgeblich zu ihrem reibungsfreien Workflow und der niedrigen Retention bei, da weniger Pulver an den Wänden haften bleibt.
Mühle | Temp. Totraum (g) | Perm. Totraum (g) | Abs. Totraum (g) | SD Performance (g) |
---|---|---|---|---|
Timemore 78s | 0,1 | 0,2 | 0,3 | 0,1 |
DF 83 V | 0,4 | 0,4 | 0,8 | 0,4 |
Varia VS6 | 0,35 | 2,0 | 2,3 | 0,35 |
Timemore 64s | 0,1 | 0,2 | 0,3 | 0,1 |
Profitec Twist SD54 | 0,6 | 0,2 | 0,8 | 0,6 |
Niche Duo | 0,6 | 0,8 | 1,4 | 0,6 |
Eureka SD Pro | 0,7 | 0,1 | 0,8 | 0,7 |
DF 83 | 0,4 | 0,4 | 0,8 | 0,4 |
Niche Zero | 0,2 | 0,7 | 0,9 | 0,2 |
DF 64V | 0,3 | 0,5 | 0,8 | 0,3 |
Das Herzstück des Geschmacks: Partikelverteilung und Extraktionsverhalten
Die Partikelverteilung (Particle Size Distribution, PSD) ist die Grundlage für den Geschmack in der Tasse. Wir betrachten dabei zwei Hauptfaktoren: die Breite des Hauptpeaks (Maß für die Uniformität des Mahlguts) und den Fines-Anteil Qf (der Anteil an Partikeln unter 100 Mikrometer, wichtig für Körper und Puck-Stabilität).
Ein schmaler Hauptpeak steht für gleichmäßigere Extraktion und Klarheit. Ein höherer Fines-Anteil sorgt für Crema und Körper, kann aber bei zu viel Partikelstaub schnell in Bitterkeit umschlagen.
Analytische Grundlage: Peak-Breite und Fines-Anteil
Die Mühlen in diesem Segment lassen sich klar in zwei Extreme und ein großes Mittelfeld von Allroundern einteilen.
Die Extreme: Klarheit gegen Körper
Klarheits-Extremisten: Timemore Sculptor 78S und 64S
Die Timemore Sculptor-Modelle sind in ihrer Partikelverteilung Extremisten. Sie liefern die engsten Hauptpeaks, die wir je in diesem Segment gemessen haben (64S: 145 µm; 78S: 154 µm). Dieses Profil führt sensorisch zu maximaler Klarheit und Komplexität, mit einer präzisen Auflösung von Süße und Säure. Für helle und komplexe Röstungen sind diese Mühlen fantastisch.
Der Nachteil dieser extrem schmalen Verteilung liegt im Extraktionsverhalten: Der Puck ist fragil, und es muss extrem fein gemahlen werden, um überhaupt Widerstand gegen die Pumpe aufzubauen. Dies führt oft zu einem langen Druckaufbau, gefolgt von einem plötzlichen, schnellen Durchschießen der Extraktion (Stall-and-Shoot-Phänomen). Diese Mühlen sind daher eher „Nerdgeräte“ für fortgeschrittene Home-Baristas, die präzise Puck-Vorbereitung (WDT) beherrschen und im Idealfall eine Espressomaschine mit Druck- oder Flussprofilierung besitzen.
Körper-Extremist: Niche Zero
Die Niche Zero bildet den klaren Kontrast. Als einzige Mühle mit konischem Mahlwerk im Testfeld zeigt sie das breiteste Hauptpeak (270 µm) und den niedrigsten Fines-Anteil (19,8%).
Sensorisch bedeutet dies ein Profil, das Süße, Körper und Balance betont. Die Shots sind geschmeidig, cremig und fehlerverzeihend. Sie liefert den „klassischen“ Espresso, der stark in Richtung Schokolade, Nuss und Marzipan tendiert. Das gröbere x50 bei gleichzeitig geringen Fines sorgt für einen stabilen Puck, der unkompliziert zu extrahieren ist, selbst wenn man noch nicht am höchsten Level der Puck-Vorbereitung arbeitet.
Das breite Mittelfeld der Allrounder
Bold & Punchy: DF83 V und Profitec Twist SD54
Beide Mühlen weisen einen der höchsten Fines-Anteile im Test auf (ca. 34–35%). Dies führt zu einer dichteren Textur, mehr Crema und einem kräftigeren Körper („Punch“). Bei der Profitec Twist SD54 ist dies besonders bemerkenswert, da sie trotz ihrer kleineren 54-mm-Scheiben ein erstaunlich dichtes Partikelprofil liefert. Wer einen kräftigen, dunklen Espresso sucht, findet hier das richtige Profil. Allerdings erfordert der hohe Fines-Anteil saubere Puck-Vorbereitung, da das Risiko für Astringenz oder Channeling steigt.
Klarheits-Orientierte Allrounder: DF64 V und Varia VS6
Diese Modelle bieten ein relativ enges Peak (VS6: 183 µm; DF64 V: 196 µm), was ihnen im Vergleich zum breiten Mittelfeld mehr Klarheit verleiht. Die DF64 V bietet den günstigsten Einstieg in dieses „Clarity“-Spektrum. Die Varia VS6 kombiniert einen engen Peak mit RPM-Einstellung, was sie zu einem spannenden Alleskönner für strukturierte Espressi macht.
Ausgewogene Mitte: DF83, Niche Duo, Eureka SD Pro
Diese Mühlen bewegen sich im Mittelfeld in Bezug auf Fines und Peakbreite. Sie sind solide Allrounder, die ohne großes Drama über alle Röstgrade hinweg gute Ergebnisse liefern und einfach einzustellen sind. Die Eureka SD Pro neigt dabei zu einem etwas gröberen Mahlgrad (x50 298 µm) mit runderen, weniger „spritzigen“ Ergebnissen in der Tasse.
Der RPM-Hebel: Geschmacksprofile aktiv steuern
Ein wesentliches Merkmal, das bei mehreren Mühlen in diesem Segment vorhanden ist (DF83 V, DF64 V, Varia VS6, Timemore 78S/64S), ist die variable Drehzahl (RPM). Dies ist der stärkste Hebel, den der Home-Barista zur Steuerung des Geschmacksprofils in der Hand hält.
Die Veränderung der Drehzahl hat einen kausalen Einfluss auf die Partikelverteilung: Eine niedrigere RPM reduziert die Turbulenzen in der Mahlkammer, was das Hauptpeak schmaler macht. Dies verstärkt die Klarheit und ist ideal für helle Röstungen oder die Zubereitung von Filterkaffee.
Eine höhere RPM bewirkt das Gegenteil: Sie verbreitert das Peak tendenziell und kann mehr Körper und Süße hinzufügen. Die Möglichkeit, diese Parameter zu verändern, erlaubt es dem Home-Barista, die Spezialisierung der Mühle temporär zu verschieben und das Beste aus verschiedenen Kaffees herauszuholen.
Mühle | Hauptpeak-Breite (µm) | Fines-Anteil Qf (<100µm) | x50 (µm) | Sensorisches Profil |
---|---|---|---|---|
Timemore 64s | 145 (Engste) | 31.0% | 205 | Extreme Klarheit, Komplexität, Fokus auf Frucht. |
Timemore 78s | 154 | 29.7% | 221 | Extreme Klarheit, Komplexität, Fokus auf Frucht. |
Niche Zero | 270 (Breiteste) | 19.8% (Niedrigste) | 343 | Samtig, cremig, Körper. |
DF 83 V | 232 | 34.4% (Höchste) | 251 | Hoher Körper und Punch, neigt zu Astringenz. |
Profitec Twist SD54 | 206 | 34.5% (Höchste) | 285 | Dicht, sinnlich, kann zu Bitterstoffen neigen. |
DF 64V | 196 | 27.0% | 255 | Gute Klarheit, ausgewogene Allround-Lesbarkeit. |
Varia VS6 | 183 (Sehr eng) | 32.0% | 243 | Lebendig, strukturiert, zieht gut. |
Niche Duo | 255 | 26.4% | 271 | Solide Balance, leicht zu dial-in. |
DF 83 | 204 | 28.4% | 249 | Solide Balance, Crowd-Pleaser. |
Eureka SD Pro | 201 | 30.2% | 298 | Rund, mittel, weniger „sparkly“ in der Spitze. |
Haptik, Workflow und Bedienbarkeit im Alltag
Neben den reinen Mahlresultaten bestimmt die Haptik des Mahlgradrads, die Qualität des Zubehörs und der allgemeine Workflow, ob eine Mühle im Alltag wirklich Freude bereitet.
Das Mahlgradeinstellungs-Feeling und seine Fallstricke
Hier zeigen sich gravierende Schwächen in der Konstruktion, die selbst die beste Mahlqualität in den Hintergrund rücken lassen können. Das Mahlgradeinstellungs-Feeling der Varia VS6 bewerten wir als Rot (Schlecht). Die Verstellung ist zu leichtgängig und verschiebt sich bereits, wenn man den Blower benutzt oder auf die Mühle klopft. Dies ist ein „Super-GAU für eine Single-Dosing-Mühle“, da der mühsam gefundene Mahlpunkt immer wieder verloren geht.
Mühlen wie die Niche Zero und die Niche Duo erhalten hingegen eine sehr gute Bewertung (Dunkelgrün). Ihr großer Einstellbereich sorgt dafür, dass kleine Verstellschritte am Rad nur minimale Auswirkungen auf die Extraktionszeit haben, was das „Dial-In“ sehr angenehm und verzeihend macht.
Der größte Workflow-Killer: Kritik an den Dosing Cups
Ein unscheinbares Zubehörteil kann den perfekten Workflow komplett zunichtemachen. Bei den Timemore Sculptor Modellen ist der mitgelieferte Dosing Cup ein solcher „Workflow-Killer“.
Das Problem: Der Becher hat einen dicken Rand. Wenn wir den gemahlenen Kaffee direkt in den Siebträger umstülpen, hinterlässt dieser dicke Rand eine ungleichmäßigen, ringförmigen Krater am Rand des Kaffeepucks. Diese Ungleichmäßigkeit fördert massives Channeling, selbst wenn vorher WDT (Kaffeepulver-Verteilung) angewandt wurde. Das bedeutet, der Home-Barista muss den Becher ersetzen oder den Kaffee umständlich umfüllen, was den ansonsten perfekten Single-Dosing-Workflow der Mühle konterkariert.
Andere Mühlen, wie die DF83, die Eureka SD Pro und die Niche Duo/Zero, liefern bessere Becher, die sauber auf dem Siebträger aufsitzen und eine homogene Verteilung des Mahlguts ermöglichen.
Wartung und Reinigung: Ein versteckter Konstanzfaktor
Die Reinigungsbedienung ist ein oft unterschätzter Faktor. Sie beeinflusst nicht nur die tägliche Routine, sondern auch die langfristige sensorische Qualität, da permanenter Totraum entfernt werden muss.
Reinigungsbedienung und Mahlgrad-Erhalt
Ein großer Vorteil beim Reinigen ist, wenn der gefundene Mahlgrad erhalten bleibt. Nur die Timemore Sculptor Modelle schaffen es, den Mahlgrad nach der Zerlegung beizubehalten, wodurch eine zeitaufwendige Neukalibrierung entfällt. Bei der Eureka SD Pro ist dies theoretisch auch möglich, erfordert aber das Lösen und Wiederfestziehen von Madenschrauben, welche auf ein Kunststoffteil auftreffen und dieses bei häufigerem Festziehen möglicherweise beschädigen.
Die Profitec Twist SD54 erhält in dieser Kategorie die schlechteste Note. Die Demontage ist relativ kompliziert, erfordert viel Schraubarbeit und Teile wie die Mahlgradanzeigescheibe sind lose, was die Neukalibrierung zu einem mühsamen Prozess macht.
Die DF-Modelle und die Niche Zero/Duo sind zwar einfacher zu öffnen (durch das Drehen des Mahlgradrings), allerdings geht der Mahlgrad dabei verloren und muss danach neu eingestellt werden.
Das Pflichtprogramm für dunkle Röstungen
Der Blick auf den permanenten Totraum, insbesondere bei der Varia VS6 (2,0 Gramm), verdeutlicht, dass regelmäßige Wartung unerlässlich ist. Permanenter Totraum baut sich auf, besonders bei ölhaltigen, dunklen Röstungen.
Wir empfehlen daher, alle Mühlen, die zu einer solchen Ansammlung neigen, mindestens einmal im Monat komplett zu öffnen und trocken zu reinigen. Wer diesen Aufwand scheut, sollte entweder auf Mühlen mit geringstem permanentem Totraum (Eureka SD Pro, Profitec Twist, Timemore-Modelle, alle 0,1 g bis 0,2 g) zurückgreifen oder nur helle Röstungen verwenden.

Fazit und unsere Empfehlungen
Das Fazit vorweg: Alle Mühlen in diesem Vergleich sind erstklassige Geräte, die Freude bereiten. Ein Upgrade durch andere Mahlscheiben ist meist nur dann sinnvoll, wenn man gezielt ein anderes sensorisches Extrem anstrebt oder einen spezifischen Workflow-Mangel beheben möchte.
Der Preis-Leistungs-Sieger und Einstieg in die Klarheit: DF64V
Die DF64V bietet für ihren Preis von knapp über 500 Euro eine hervorragende Leistung. Sie liefert eine sehr gute Single Dosing Performance (0,3 g) und einen klarheitsorientierten Mahlpeak (196 µm). Sie ist ein fantastischer Prosumer-Einstieg mit RPM-Steuerung, setzt aber den konsequenten Einsatz von RDT (Wasserspray) voraus, um Statik zu kontrollieren.
Der Klassiker für Anfänger und Liebhaber von Körper: Niche Zero
Die Niche Zero ist die leiseste Mühle im Test (72,9 dB) und liefert dank ihres konischen Mahlwerks ein fehlerverzeihendes, süßes und körperreiches Profil mit geringstem Fines-Anteil. Ihr Workflow ist unkompliziert, und die Reproduzierbarkeit der Mahlgradeinstellung ist exzellent (Dunkelgrün).
Die Perfektionisten und Klarheits-Nerds: Timemore Sculptor 78S/64S
Wer das absolute Maximum an sensorischer Klarheit und Komplexität sucht, kommt an den Timemore-Modellen nicht vorbei. Sie bieten die schmalsten Mahlpeaks (bis 145 µm) und die beste Single Dosing Performance (0,1 g). Dies sind die kompromisslosen Werkzeuge für Home-Baristas, die bereit sind, in fortgeschrittene Puck-Vorbereitung (WDT) und Flussprofile zu investieren.
Die 78S bietet hierbei die höhere Geschwindigkeit, die 64S denselben Mahl-Output zum günstigeren Preis. Der Dosing Cup muss allerdings sofort ersetzt werden. Außerdem verlangt die Mühle eher fortgeschrittene Fähigkeiten bei der Mahlgutverteilung und sehr gleichmäßiges Vorbereiten des Kaffees – sonst droht aufgrund der speziellen Partikelverteilung Channeling und Kaffee weit unter dem Potential der Mühle.
Der Power-User und Gastro-Anwärter: DF83
Die DF83 (Non-V) ist die schnellste Mühle (5,1 Sekunden/18 g) und liefert ein ausgewogenes, Punch-orientiertes Profil. Wer täglich größere Mengen Kaffee mahlt oder eine Mühle für den Einsatz in einem kleinen Büro oder der Gastro sucht, findet hier eine Maschine mit enormen Durchsatzreserven.
Der Allrounder mit Haken: Varia VS6
Die Varia VS6 überzeugt mit niedrigem Lärmpegel, RPM-Einstellung und einem klaren Mahlprofil (183 µm Peak). Ihre zentrale Schwäche – das sich beim Blasen verstellende Mahlgradrad (Rot) – und der kritisch hohe permanente Totraum (2,0 g) erfordern jedoch eine bewusste Entscheidung gegen den Blower, das Festhalten des Mahlrades und belohnen eine sehr regelmäßige, gründliche Reinigung.
Wir sind der Überzeugung, dass der Heim-Barista heute im Segment zwischen 500 und 1000 Euro nicht nur für die Mahlqualität, sondern vor allem für einen reibungsfreien, durchdachten Workflow zahlt. Mangelnde Haptik (VS6) oder schlechtes Zubehör (Timemore) können die beste Mechanik im Alltag überschatten. Es lohnt sich, die Mühle zu wählen, deren Kompromisse am besten zum eigenen Nutzungsprofil passen.