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    8 einfache Sensorik-Übungen für Zuhause: Dein Weg zum perfekten Kaffeeerlebnis

    8 einfache Sensorik-Übungen für Zuhause: Dein Weg zum perfekten Kaffeeerlebnis

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    Ein perfekter Espresso oder ein auf den Punkt extrahierter Filterkaffee ist kein Zufall. Er ist das Ergebnis von Wissen, Erfahrung und vor allem einer geschulten Sensorik. Denn wie willst du deine Mühle, Maschine oder den Brew selbst optimieren, wenn du die Nuancen deines Kaffees nicht verstehst? Wir zeigen dir, wie du deine sensorischen Fähigkeiten zu Hause ganz einfach trainieren kannst. Hier findest du das Video zum Artikel. Autorin: Nadja Schwarz.

    Warum Sensorik so wichtig ist

    Die Sensorik ist die Basis, um die feinen Unterschiede im Kaffee zu erkennen. Nur wenn du Säure von Bitterkeit unterscheiden oder einen "kratzigen" Körper identifizieren kannst, bist du in der Lage, gezielt Anpassungen vorzunehmen. Eine gut gefüllte "sensorische Bibliothek" in deinem Kopf hilft dir dabei, Geschmacksunterschiede zu erkennen und die Qualität deines Kaffees objektiv zu beurteilen. Denn wie willst du einen Geschmack zuordnen, wenn du gar nicht weißt, wie eine Erdbeere schmeckt? Falls deine Bibliothek noch etwas leer oder eingestaubt ist, findest du hier ein paar Tipps zum Üben zu Hause.

    1. Säure: Die spritzige Note im Kaffee

    Säure ist ein essenzieller Bestandteil von Kaffees, vor allem von Spezialitätenkaffee, und kann von Essigsäure über Apfelsäure bis hin zu Zitronensäure reichen. Säure scheidet die Geister und gibt viel zu reden. Deshalb hat Philipp einen ausführlichen Blog dazu geschrieben und Ben und Michel haben ein Video über zu viel Säure im Espresso gemacht. All dieses Wissen nützt allerdings wenig, wenn die Säure als Grundgeschmack nicht definiert werden kann. Wie schult man also auf einfache Weise die Wahrnehmung dafür?

    Zitronenwasser-Challenge

    Presse eine halbe Zitrone in ein Glas Wasser. Nimm einen kleinen Schluck des reinen Zitronenextrakts. Konzentriere dich nicht auf den Zitronengeschmack, sondern darauf, wo auf deiner Zunge du die Säure wahrnimmst. Ist es vorne, seitlich, hinten oder auf der ganzen Zunge? Notiere deine Eindrücke. Verdünne das Zitronenwasser schrittweise und beobachte, wie sich Intensität und Wahrnehmung verändern.

    Und dann: Säure im Kaffee

    Nun versuchst du, die Säure in verschiedenen Kaffees zu definieren. Dazu kannst du mit demselben Kaffee verschiedene Extraktionen auf deiner Espressomaschine ziehen oder mit deinem Manual Brewer mehrere Brühungen machen. Du kannst auch mit verschiedenen Kaffees ganz einfach ein Cupping aufgiessen. Hier siehst du, wie du das zu Hause nachmachen kannst. Versuche dich nur auf die Säure zu konzentrieren und dich nicht von anderen Eindrücken leiten zu lassen.

    2. Bitterkeit: Das oft missverstandene Element

    Bitterkeit ist komplex, da wir über 25 Bitterrezeptoren besitzen, was die individuelle Wahrnehmung stark beeinflusst. Im Interview mit Sara Marquart spricht Benjamin über die unterschiedlichen Qualitäten von Bitterkeit und deren wissenschaftliche Grundlagen. Kaffee ist von Natur aus bitter – jedoch nicht der Rohkaffee, sondern erst durch den Abbau der Chlorogensäuren beim Rösten. Wie diese Bitterkeit bei der Espresso-Extraktion reguliert werden kann, haben Michel und Ben in diesem Video besprochen.

    Zitronenschalen-Test

    Die Zitrone ist ein Multitalent! Während der Saft sauer ist, ist das Weiße der Schale – die Albedo – sehr bitter. Schneide ein kleines Stück davon ab und kaue darauf. Du wirst merken, dass Bitterkeit oft verzögert einsetzt und meist im hinteren Teil des Gaumens wahrgenommen wird.

    Bittere Alternativen

    Falls du keine Zitronenschale kauen möchtest, probiere Bittersalate wie Chicorée oder Zuckerhut, Artischocken oder Getränke wie Bier, Gin oder Tonic. Eine Zitronenscheibe im Tonic ist bereits die Königsklasse, um Säure und Bitterkeit gleichzeitig zu entdecken.

    3. Körper: Das Mundgefühl deines Kaffees

    Der Körper beschreibt die Intensität und Textur, die der Kaffee im Mund hinterlässt. Philipp hat einen ganzen Artikel zu Textur und Körper geschrieben. Wenn ein Kaffee eine sirupartige Konsistenz aufweist und länger auf der Zunge verweilt, haben wir mehr Zeit, ihn zu analysieren. Geschmacksnoten erscheinen intensiver.

    Wasser vs. Rahm Übung

    Nimm ein Glas Wasser und ein Glas mit einer dickflüssigen Flüssigkeit wie Rahm (Sahne), Sirup oder Öl. Trinke abwechselnd einen Schluck. Wasser fühlt sich leicht an (oft als "wässrig" beschrieben), während die dickflüssige Variante intensiver auf der Zunge liegt. Achte auch auf die Textur: weich, sandig, rau oder kratzig? Ein Kaffee kann wenig Intensität haben, aber dennoch angenehm weich sein.

    4. Sensorische Wahrnehmung über die Nase

    Unsere Nase spielt eine zentrale Rolle für das sensorische Erleben. Falls deine "sensorische Bibliothek" verstaubt ist, wird es Zeit, sie aufzufrischen. Nur so kannst du feine Unterschiede im Kaffee erkennen – etwa Noten von Nuss, Frucht oder Schokolade.

    Riech-Challenge

    Schnuppere bewusst an Dingen in deiner Umgebung: Blumen, Orangen, Joghurt, Kräuter, Gewürze. Je mehr Gerüche du bewusst abspeicherst, desto leichter fällt es dir, sie im Kaffee wiederzuerkennen. Schliesse dabei die Augen, um dich voll auf den Geruch zu konzentrieren.

    5. Geschmack (Flavor): Das volle Erlebnis

    Der "Flavor" ist der Gesamteindruck aus Geruch und Grundgeschmäckern, der sich durch ein "zweites Riechen" im Gaumen bildet. Wenn du dir beim Trinken die Nase zuhältst, nimmst du nur die Grundgeschmäcker wahr. Öffnest du sie, erlebst du das volle Geschmackserlebnis.

    Blindverkostung mit einem Verbündeten

    Bitte jemanden, dir bei dieser Übung zu helfen. Schliesse Augen und Nase und koste etwas Essbares. Du wirst zunächst nur die Grundgeschmäcker wahrnehmen. Öffne dann die Nase – und erlebe, wie sich das Geschmackserlebnis verändert.

    6. Nachgeschmack (Aftertaste): Die bleibende Erinnerung

    Der Nachgeschmack beschreibt, wie lange und wie angenehm ein Geschmack im Gaumen verweilt.

    Achtsamkeit beim Trinken

    Achte bewusst darauf, wie lange du deinen Kaffee im Mund wahrnimmst. Ist der Nachgeschmack lang und angenehm oder kurz und rau? Ein langer, weicher Nachgeschmack wird meist positiver bewertet.

    7. Süsse: Der Sweet Spot im Kaffee

    Schon seit Urzeiten werden wir durch die Süsse in der Nahrung geleitet. Denn ob eine Frucht reif war, erkannte man am Süssgrad. Finden wir Süsse im Kaffee, werten wir ihn höher – auch wenn der Zuckeranteil kaum messbar ist. Die Wahrnehmung von Süsse entsteht aus Balance und Röstaromen.

    Schlemmen erlaubt!

    Trainiere deine Süssewahrnehmung, indem du bewusst verschiedene süsse Speisen probierst: Honig, Vanille, Karamell, Schokolade oder Gebäck. Alles hat eine andere Art von Süsse. Diese Unterschiede zu erkennen hilft dir, feine Nuancen im Kaffee wahrzunehmen.

    8. Süsse und Säure: das perfekte Duo

    Die perfekte Balance in der Tasse entsteht durch das Zusammenspiel von Säure und Süsse. Während die Säure Frische bringt, sorgt die Süsse für Harmonie und Rundheit. „Sweetness supports Acidity“ – Süsse stützt Säure und macht sie angenehmer.

    Der Selbsttest

    Presse in einem Glas Wasser eine halbe Zitrone aus. Nachdem du die Säure analysiert hast, gib einen halben Esslöffel Zucker hinzu. Du wirst merken: Die Säure wirkt milder, obwohl sie gleich bleibt. Süsse balanciert Säure aus – fehlt sie, wirkt das Getränk flach und klebrig.

    Mit diesen einfachen Praxistipps kannst du deine Sensorik zu Hause schärfen und dein Verständnis für Kaffee vertiefen. Und wenn du Lust auf Austausch mit Gleichgesinnten hast, besuche unseren Sensorik 1 Kurs in Basel.

    Viel Spass beim Üben und Entdecken!

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